Homeoffice ist nicht immer effizient und wertschätzend

Bei der allgemeinen Diskussion zum Thema Homeoffice vermissen wir die Betrachtung der Effizienz unserer Organisationen und die Wertschätzung gegenüber Mitarbeitern ohne Möglichkeit von Homeoffice.

Derzeit ist das Thema Homeoffice wieder in aller Munde. Der Bundesarbeitsminister spricht sogar von einem Recht auf Homeoffice an 24 Tagen im Jahr. Man könnte gerade meinen, dass wir in Deutschland nur noch Homeoffice geeignete Arbeitsplätze haben. Wenn wir das Hören, stellt es uns die Nackenhaare auf. Wir sind der Meinung, dass das Thema Homeoffice differenziert zu betrachten ist.

Dabei spielen für uns u.a. verschiedene Perspektiven eine Rolle:

  • Effizienz der Organisation
  • Tätigkeit und Qualifikation des Mitarbeiters
  • Prozesse und Kommunikation
  • Wertschätzung gegenüber allen Mitarbeitern

Wir haben bei unserer Beteiligung, einem Produktionsunternehmen mit 50 Mitarbeitern, zu Beginn der Corona Pandemie in März unsere Mitarbeiter in der Verwaltung sehr schnell abwechselnd ins Homeoffice entsendet. Ziel war es, das Infektionsrisiko zu minimieren und die Betriebsfähigkeit aufrecht zu erhalten. Sehr schnell haben wir folgende Erkenntnisse gewonnen:

  • Nicht jede Organisation hat die Qualifikation und die Reife Homeoffice im großen Stil umzusetzen.
    Besteht die Belegschaft mehrheitlich aus höher qualifizierten Mitarbeitern mit akademischer Ausbildung, wie es beispielweise in Ingenieurbüros oder Vertriebsorganisationen der Fall sein kann, dann ist es einfacher Homeoffice zu realisieren.
  • Nicht jeder Mitarbeiter kann sich im Homeoffice gleich gut organisieren.
    Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es hier große Unterschiede gibt und die verantwortliche Führungskraft bei Bedarf unterstützen muss. Es darf nicht dazu kommen, dass der Mitarbeiter aus dem Blick und somit aus dem Sinn ist.
  • Es gibt bestimmte Tätigkeiten, die sind besser für Homeoffice geeignet wie andere.
    Beispielsweise sehen wir es einfacher im Bereich Buchhaltung und Controlling von Zuhause aus zu arbeiten als in der Arbeitsvorbereitung, welche eng mit der Produktion und dem Shopfloor zusammenarbeiten muss.
  • Nicht jeder Mitarbeiter hat Zuhause die Voraussetzungen für Homeoffice.
    Trotz Bereitstellung der erforderlichen Laptops zeigte sich, dass unsere Mitarbeiter zu Hause die unterschiedlichsten Voraussetzungen zur Anbindung der IT hatten und z.T. mit erheblichen Beeinträchtigungen in der Geschwindigkeit und Verfügbarkeit zu kämpfen hatten. Es gab auch Mitarbeiter, die von sich aus darum gebeten in die Firma zu kommen. Vielleicht auch deshalb, weil Sie ganz froh über den täglichen Tapetenwechsel waren.
  • Die Effizienz in der Organisation leidet auf kurz oder lang.
    Wir sehen bei Homeoffice einen höheren Abstimmungsaufwand zwischen den einzelnen Abteilungen, da man sich u.a. nicht mehr schnell im vorbei gehen abstimmen kann. Vor allem in der Interaktion zwischen Vertrieb, Einkauf und Produktion, um eine effiziente und schnelle Auftragsabwicklung umzusetzen, haben wir das festgestellt. Nicht zu vergessen ist, dass die sog. „Kaffeeecke“ und der damit verbundene soziale Austausch, wichtig für eine gute Unternehmenskultur ist. Die Digitalisierung kann uns hier helfen die Effizienz zu verbessern, ist aber kein Allerheilmittel.
  • Last but not least dürfen wir die Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern ohne Homeoffice-Möglichkeit nicht vergessen.
    Unserer Meinung müssen wir gerade bei produktionsorientierten Unternehmen sehr vorsichtig sein, wenn sich unsere Mitarbeiter in der Produktion jeden Tag um die Wertschöpfung kümmern und sich das Management oder Teile der Administration ins Homeoffice begeben. Das funktioniert nicht, die Produktion oder die Werkstatt leben von der Führung durch die Vorgesetzten. Nur dann sind Effizienz, Produktivität und Qualität sichergestellt

Homeoffice ist sicherlich ein Instrument, welches unter bestimmten Rahmenbedingungen in der aktuellen Situation hilft und unterstützt. Ohne Frage gehört in bestimmten Funktionen und Bereichen das Homeoffice zum Bestandteil der neuen Arbeitswelten. Homeoffice gehört hier zum Must-have und ist die Voraussetzung, um High-Potentials für unsere Unternehmen zu gewinnen.

Gleichzeitig warnen wir davor das ganze dogmatisch zu betrachten und am Schluss vielleicht noch gesetzlich vorzuschreiben. Dann kann es schnell dazu kommen, dass die Effizienz unserer Organisationen leidet. Jede Organisation muss sich individuell mit Homeoffice auseinandersetzen und Lösungen schaffen.